Im Blätterwald

 Wie jeder weiß, wohnen Theaterstücke, wenn sie nicht gerade gespielt werden, im Blätterwald. Wobei „Wald“ eine Untertreibung ist, handelt es sich doch eher um einen Dschungel, der sich in epischer Breite über die olympischen Höhen zieht. Zu seinen Füßen erstreckt sich das Tal der Ahnungslosen bis weit über den Horizont hinaus. Der Blätterwald birgt ein Labyrinth von Regalen und Aufbewahrungsmöbeln aller Art: Verglaste Nussbaumregale, die ledergebundene Klassiker beherbergen, wackelige Bretter-und Backsteinkonstruktionen, der Lieblingsaufenthalt zerlesener Paperbacks, Couchtische für repräsentative Bildbände, Eichenschrankwände voller Alibi-Literatur (gerne passend zur Farbe des Wohnzimmers), das Fernsehgerät verschämt hinter Schranktüren verbergend.

Wie die Literatur selbst, ist auch der Blätterwald nach Gattungen organisiert. Und jede Gattung findet hier die Umgebung, die sie braucht. Im Revier der Wissenschaften, z.B. stehen weißlackierte Regale ordentlich in Reih und Glied, der Inhalt zu Sachgebieten zusammengefasst und alphabetisch geordnet. Die Gänge dazwischen heißen Newton-Allee oder Einsteinstraße. Für diese Region gibt es gute Verzeichnisse und Karten.

Anders im Theaterhain. Hier stehen Regale kreuz und quer neben-, auf- und übereinander, dazwischen Tische, Nachttische, Stühle, Sessel, Kisten, Fenster, Bügelbretter und was sonst noch über eine halbwegs flache Oberfläche verfügt –übersät mit Theaterstücken. Wo noch etwas Boden frei ist, lehnen sich schiefe Manuskript-Türme an alles, das Halt verspricht. Man bleibt hier besser nicht zu lange stehen. Klassiker leben hier neben modernen Werken, Trauerspiele neben Farcen, verstaubte Stücke neben abgenutzten. Karten oder Verzeichnisse sind sinnlos, denn der Hain ist in ständiger Bewegung. Überladene Regale brechen zusammen und verteilen ihren Inhalt in weitem Umkreis. Blätter lösen sich, die der Wind verweht. Lose Blätter tun sich zusammen zu Patchwork-Texten. Leseratten stibitzen Seiten und bauen ihre Nester daraus. Bücherwürmer schlagen sich den Bauch mit jeder Art Literatur voll – ganz nach Geschmack. Der Nachschub ist gesichert, denn es werden immer wieder Stücke geschrieben.

Nur ganz weit hinten, in der dunkelsten Ecke, bewegt sich wenig. Hier fristen unveröffentlichte Manuskripte ihr Dasein in staubigen Schubladen. Die meisten werden zu Recht nie das Rampenlicht erblicken.

 

Wird sich das Stück in diesem Chaos auftreiben lassen? Sicher ist nur, es ist irgendwo da draußen…


Übrigens: Wenn Sie jemals zu einem Empfang des amerikanischen Präsidenten eingeladen werden, gehen Sie hin, das Essen soll sehr gut sein…..


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Kommentare: 2
  • #1

    Emelina Willmore (Samstag, 04 Februar 2017 14:41)


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  • #2

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